Aktivitäten
Endlich wieder lernen in der Physiotherapie-Praxis
Medizinische Trainingstherapie – Krankengymnastik am Gerät
Die Schüler*innen der Berufsfachschule für Physiotherapie dürfen nun wieder gemeinsam am Praxis-Unterricht teilnehmen. In einer – für Patientenverkehr natürlich geschlossenen – Physiotherapie-Praxis erlernen die Schüler*innen des ersten Ausbildungsjahres „Krankengymnastik am Gerät“. Diese Form der medizinischen Trainingstherapie ist Bestandteil der Trainings- und Bewegungslehre und der Bewegungserziehung.
Ähnlich wie man es aus den Fitnessstudios kennt, verfügen auch viele Physiotherapie-Praxen über eine Geräte-Trainingsfläche. Sie kommen zum Einsatz bei:
- Muskulären Defiziten oder Schwächen
- Haltungsschäden am Arbeitsplatz
- Chronische Wirbelsäulen Erkrankungen
- nach Verletzungen, wenn ein sportartspezifisches Auftrainieren notwendig ist
Damit die Schüler*innen einen Einblick in die Krankengymnastik am Gerät bekommen, erlernen sie an einem Tag, welche Muskeln und Muskelgruppen sich mit welchem Gerät trainieren lassen, wie mit dem Gerät gearbeitet wird und wie sie die Geräte für den*die Patient*in richtig einstellen. Anhand des Maximaltrainingsgewichts erstellen sie dann einen Trainingsplan.
Normalerweise findet diese Unterrichtseinheit vor dem Praktikum des Schüler*innen statt, doch dieses Jahr hatten die Schüler*innen schon Kontakt mit Geräten und Patienten in ihren Praktikumseinrichtungen. Sie wissen nun schon besser, welches Gerät sie wann und wie einsetzen, haben eine bessere Vorstellung davon, was im Umgang wichtig ist. Das aus dem Praktikum Erlernte wiederholen sie jetzt gemeinsam mit ihrer Ausbilderin Elke Mann. Sie sieht darin durchaus einen Vorteil. Im gemeinsamen Unterricht, in dem die Schüler*innen Rollen tauschen und auch mal die Patientenseite einnehmen, lernen sie, wie es sich als Patient anfühlt. Und wie sich als Therapeut*in die Situation anfühlt, wenn ein Patient mal eine Position nicht einnehmen oder nicht halten kann. Der Unterricht bereitet darauf vor, adäquat zu reagieren und nicht plötzlich einer neuen Situation mit dem Patienten ausgesetzt zu sein. Gefahrlos üben die Schüler*innen miteinander, tauschen sich aus. „In der Trainingstherapie geht es vor allem um Sicherheit, um Stabilität. Der Patient muss sich so gut fühlen, dass er auch wiederkommt und es langfristig macht. Das ist nichts für drei Termine. Nur langfristig ist das Training effektiv“, sagt Elke Mann.
Die Geräte sind für die Patient*innen sehr einfach zu bedienen. Ist das Gerät einmal vom Therapeuten richtig eingestellt, sind die Bewegungsabläufe einfach korrekt zu wiederholen. Das Gerät gibt den genauen Ablauf der Übungsausführung vor, die Möglichkeit, Fehler zu machen, gering. Daher wird die Trainingstherapie sehr häufig in Physiotherapie-Praxen eingesetzt und der Unterricht ist somit sehr praxisnah. Er gibt aber nur grundlegende Einblicke: An diesem ersten Tag an den Geräten geht es erst einmal darum, selbst zu probieren, selbst zu spüren, selbst die Geräte richtig einzustellen. Wer die medizinische Trainingstherapie beruflich ausüben möchte, muss eine gesonderte Fortbildung machen. Diese hat Elke Mann schon lange absolviert und blickt auf 25 Jahre Berufserfahrung als Physiotherapeutin und 18 Jahr als Trainingstherapeutin zurück. „Ich weiß ziemlich genau, worauf es ankommt, was die häufigsten Fehlerquellen sind. Und was die Patienten so machen, weil sie schummeln oder weil sie Angst haben. Das kann ich den Schüler*innen mitgeben.“
Abwechslung im eintönigen Homeschooling-Alltag
Physiotherapieschüler*innen entwickeln Choreografie aus Bewegungen einer therapeutischen Anwendung. Ein Schülerbeitrag.
Homeschooling ist gerade für uns Physiotherapeut*innen eine besonders schwere Zeit. Unsere Ausbildung ist sehr vielseitig und mehrere Stunden vor dem Laptop oder Tablet zu verbringen und auf Patientenkontakt verzichten zu müssen, ist das genaue Gegenteil unseres „normalen“ Schulalltags. Daher brauchten wir Lockerung und Abwechslung!
Unsere Lehrerinnen der Berufsfachschule für Physiotherapie am bfz Augsburg im Fach Propriozeptive Neuromuskuläre Fazilitation, kurz PNF, haben sich daher etwas ganz Besonderes einfallen lassen. Wir sollen unseren eigenen PNF Tanz entwickeln.
PNF ist eine therapeutische Anwendung. Wie soll daraus also ein Tanz oder eine Choreografie werden?
In PNF werden verschiedene Muskeln am ganzen Körper durch gezielte Ansteuerung angesprochen. Dies geschieht beispielsweise in Form von Trainings- oder Dehnungsreizen. Diese Reizung entsteht durch die gezielte Bewegung eines Körperteils auf einer Körperdiagonalen. Wenn man sich das einmal an der oberen Extremität, den Armen vorstellt, kann man sich vielleicht schon denken, dass die ein oder andere Bewegung auf der Diagonalen wie ein Tanzschritt aussieht. Da PNF am ganzen Körper angewandt werden kann, ist es möglich, unterschiedliche PNF Bewegungen in eine Tanzchoreografie einzustreuen.
Glücklicherweise haben wir zwei Schüler und eine Schülerin in unseren Reihen, die als Hobby sehr gut tanzen. Diese haben dann in sehr zeitintensiver Arbeit Choreografien erstellt, abgefilmt und dann an uns Mitschüler*innen versandt. Anschließend wurden wir in Gruppen aufgeteilt und haben in Gruppenarbeit die Details wie Kostüm, Hintergrund und andere Einzelheiten geplant. Danach mussten unsere Tänze abgefilmt werden.
Aus fast 90 einzelnen Videoclips haben wir dann den PNF Tanz zu einem gesamten Tanz-Video zusammengeschnitten.
Dieses Projekt hat uns geholfen, die einzelnen Bewegungsdiagonalen über einen sehr innovativen Ansatz zu verinnerlichen. Es war schön, mal wieder eine Abwechslung von dem einseitigen Alltag der Schule zu Corona-Zeiten zu haben und es hat uns Schüler*innen, trotz anfänglicher Skepsis vor allem von Seiten des männlichen Teils der Klasse, viel Spaß gemacht.
Der „richtige Riecher“...
Physiotherapie-Schüler*innen lernen mit Assistenzhunden
Die Inhalte der Physiotherapie-Ausbildung sind sehr vielschichtig.
Menschen mit unterschiedlichsten Krankheitsbildern und auch Behinderungen gehören zum täglichen Arbeitsalltag. Vielfältige Behandlungsansätze, neuerdings auch mit tiergestützter Therapie, bieten breite Betätigungsfelder.
Die Schüler*innen der Physiotherapieschule des bfz Augsburg lernen neben verschiedenen Therapiemöglichkeiten auch, sich weiterführende Fragen zu stellen: Wie geht es Patienten, wenn sie die Praxis oder Klinik verlassen haben? Vor allem Menschen mit bleibender Beeinträchtigung fühlen sich oft hilflos, sind einsam oder können an vielen Aktivitäten nicht teilhaben. Was passiert mit ihnen?
Eine gute Möglichkeit ist hier ein Assistenzhund. Sie unterscheiden sich von Therapiehunden in vielen Belangen. Ein Assistenzhund wird für einen speziellen Menschen mit Beeinträchtigung ausgebildet und begleitet und unterstützt diesen im Alltag. 24 Stunden am Tag und 7 Tage in der Woche. Eine große und wertvolle Aufgabe. Der Blindenführhund ist der bekannteste Assistenzhund von allen.
Doch es gibt noch viele mehr: Menschen im Rollstuhl, mit Lähmungen, nach Amputationen, mit Narkolepsie, Autismus oder posttraumatischen Belastungsstörungen können extrem von einem solchen Helfer mit der kalten Schnauze profitieren.
Um den Schüler*innen einen Einblick in Aufgabe, Ausbildung und Arbeit mit den Hunden zu geben, organisiert das bfz Augsburg jedes Jahr ein Projekt im Rahmen des Unterrichts „Prävention und Rehabilitation“. Die Schüler*innen des Mittelkurses bekommen exklusive Einblicke in die Arbeit des Vereins: „Hunde fürs Leben“ e.V., der ehrenamtlich in Augsburg Assistenzhunde für Menschen mit Behinderung ausbildet. Vereins-Vorsitzende Lisa Ophüls bringt ihren eigenen, sehr erfahrenen Rollstuhlassistenzhund Jacky mit und erklärt nicht nur theoretisch, sondern zeigt auch, was Jacky alles kann. Da staunen die Schüler*innen oft nicht schlecht.
Und manchmal ist auch ein Hund Ausbildung dabei: „Azubi Willy“ wird zum Autismus- Assistenzhund ausgebildet. Er soll eine autistische junge Frau im Alltag begleiten, ihr helfen, sich durch Menschenmengen angstfrei zu bewegen. Autist*innen können Panikanfälle bekommen und brauchen dann jemanden, der sie schnell und zuverlässig beruhigt. Auch das lernt Willy in seiner 2–3-jährigen Ausbildung.
Willys „Berufsbild“ ist sehr vielschichtig. Er soll Wege finden, Ausgänge anzeigen, sichere Begleitung bieten in allen Situationen des Alltags. Obwohl er noch ein Auszubildender ist, macht er seine Sache schon richtig gut!
Über seinen eigenen therapeutischen Tellerrand hinauszuschauen wird für die Schüler*innen immer wichtiger, da die Aufgaben in unserer Zeit immer komplexer und herausfordernder werden. Und es ist wichtig, die Gesellschaft zu sensibilisieren. Denn Menschen mit Hilfsmitteln werden oft ausgegrenzt. Oft dürfen sogar Blinde ihre Führhunde nicht überall mit hinein nehmen, obwohl dies selbstverständlich sein sollte. Viel schwerer hat es da jemand, dessen Behinderung auf den ersten (und auch zweiten) Blick nicht sichtbar ist. Doch der Verein „Hunde fürs Leben“ und unsere Schüler*innen arbeiten unerschrocken weiter und setzen sich für die Menschen ein, die Unterstützung brauchen.
Post Polio Syndrom – für Physiotherapeuten eine weithin unbekannte Krankheit
Der praktische Unterricht an und mit den Patient*innen bildet das Kernstück der Physiotherapieausbildung. Deshalb lädt die Berufsfachschule für Physiotherapie des bfz Augsburg einmal jährlich die Regionalgruppe Augsburg des Bundesverbandes Polio e.V. ein.
Kinderlähmung, medizinisch Poliomyelitis genannt, tritt seit Einführung der Schluckimpfung Anfang der 60er-Jahre in den Industrieländern nur noch in Ausnahmefällen auf. Allerdings leiden heute noch ca. 80 000 Erwachsene, die sich vor Jahrzehnten mit dem auslösenden Virus infiziert haben, unter gravierenden Spätfolgen. Diese Folgen werden als Post-Polio-Syndrom (PPS) bezeichnet.
Die Betroffenen der Regionalgruppe Augsburg berichten den Schüler*innen sehr eindrücklich, wie es teilweise Jahre gedauert hat, bis ihre Beschwerden dem Post-Polio-Syndrom zugeordnet werden konnten. Oft lagen etliche Fehldiagnosen und Odysseen bei verschiedenen Ärzten dazwischen.
Jede*r Betroffene*r hat seine individuelle Leidens- und Lebensgeschichte und hilft den Schüler*innen mit jeder Erzählung weiter. Nach so viel Aufklärungsarbeit nutzen die Schüler*innen dann die Möglichkeit, sich in Kleingruppen im Anamnesegespräch zu üben. Die unkomplizierte Art, Geduld und Offenheit der Gäste hilft den Lernenden sehr, nonverbale und verbale Kommunikationstechniken im Therapeuten-Patienten Gespräch zu üben.
Die Physiotherapie ist für die Betroffenen eine tragende Säule im Krankheitsverlauf und von enormer Wichtigkeit. Aufgrund der Pathophysiologie ist die physiotherapeutische Behandlung aber nicht unproblematisch, da in der Therapie viel falsch gemacht werden kann. Die Schüler*innen lernen, dass Patient*innen in erster Linie körperliche und psychische Belastungen reduzieren, Überbelastungen unbedingt vermeiden sollen. Jede Therapieeinheit ist somit eine Gradwanderung zwischen Unter- und Überforderung.
„Meistens muss man den Therapeuten selber sagen, wie sie einen behandeln sollen, da sie oft keine Ahnung von unserem Krankheitsbild haben“, berichtet eine Patientin.
Nach diesem Nachmittag werden unsere Schüler*innen auf alle Fälle die richtigen Behandlungsangebote in ihrem „Handwerkskoffer“ haben.
Diese Art Unterricht am und mit den Patient*innen ergibt immer wieder ein neues, intensives Verständnis für ein vielseitiges Krankheitsgeschehen.
„Der Mensch – ein Wunderwerk“
Wie wahr das ist, haben die Schüler*innen der Berufsfachschule für Physiotherapie am Schul- und Studienzentrum Augsburg auch dieses Jahr bei ihrem Besuch in Anatomieinstitut der LMU München erleben dürfen.
Nach einem intensiven Studium des menschlichen Körpers mit Hilfe von Bildern und Anatomiemodellen in unserer Schule, konnten sie jetzt ihr Wissen mit Hilfe der echten menschlichen Präparate und vielen Nachbildungen prüfen und vertiefen.
Highlight des Besuchs waren auch diesmal die für sie speziell vorbereiteten Präparate eines Menschen, welcher seinen Körper nach dem Tod der Wissenschaft zur Verfügung gestellt hat.
Die anatomischen und funktionellen Merkmale der inneren Organe, der Gelenke, der Muskeln und der Nerven an Hand eines menschlichen Körpers zu betrachten, hat den Schüler*innen extrem geholfen, die Zusammenhänge des Körpers besser zu verstehen.
Es war eine sehr interessante und motivierende Exkursion für alle und wird sicherlich noch lange in Erinnerung bleiben.